Kaffee neu gedacht
Da Salzburger gibt unserem Lieblingsgetränk die Wichtigkeit zurück
Am Anfang stand Lust auf Veränderung: „Ich hatte genug von den Zuständen im Kaffee-Business“, sagt Rafael Schärf, der Mann hinter der im Oktober gelaunchten Marke Da Salzburger aus der Kaffeewerkstatt Salzburg in Saalfelden. Im Gespräch mit La Loupe lässt er uns in seine ganz persönliche Kaffee-Philosophie blicken.
Seit 24 Jahren im Kaffee-Business und seit 10 Jahren als geschäftsführender Inhaber eines traditionsreichen Kaffeeunternehmens, hat er einen Einblick wie wenige andere in die, wie er sagt, komplett auf Gewinnoptimierung ausgerichtete und von enormen Margen geprägte globale Kaffee-Industrie. „Wir wollen da nicht mehr mitmachen. Wir möchten beweisen, dass man mit ehrlichen Lösungen erfolgreich sein kann.“ Da Salzburger steht für ein nachhaltiges Kaffee-Produkt für die Gastronomie aus hundert Prozent Arabica Bohnen, in das 60 Jahre Know-how einfließen und das direkt und regional vertrieben wird - am liebsten nur in Salzburg.
Die Kaffeewerkstatt will das Rösten nochmal ganz neu erfinden und dabei nichts verheimlichen oder vertuschen. Im Fokus steht die Qualität: „Wir rösten in einem Jahr so viel wie die großen Firmen in fünf Minuten“, erzählt der Fachmann. Verwendet wird ausschließlich Arabica Grünkaffee, jede Sorte wird einzeln geröstet, erst danach wird gemischt. „Röstet man verschiedene Bohnen zusammen, wie es die meisten Röstereien tun, ist das, als würde man große und kleine Kartoffeln gleich lang kochen: einige sind durch, andere nicht.“ Beim Röstgrad setzt Da Salzburger auf French Roast, einen Mittelgrad zwischen der kräftigen Italian Roast und der kürzeren Vienna Roast, bei der das Aroma der verschiedenen Anbaugebiete und sein besonderer Charakter besser zur Geltung kommen. „Bei der French Roast ist der Eigengeschmack des Kaffees noch da und das Röstaroma noch nicht zu ausgeprägt“, so der Experte.
Um den komplizierten Röstvorgang zu erleichtern, ist der traditionelle Trommelröstofen in der Kaffeewerkstatt mit modernster Technologie ausgestattet: Sensoren passen den Moment ab, in dem die Bohne zum ersten Mal aufreißt und karamellisiert. „Während andere Hersteller nun einfach weiterrösten, reduzieren wir in diesem Moment die Hitze und geben der Bohne die Zeit, sich zu entwickeln. So holen wir alles aus ihr heraus. Der Kaffee schmeckt rund und mild und ist für den Magen nicht belastend.”
Österreich mag für seine Kaffeehäuser berühmt sein. Die Kaffeekultur, da sind sich viele mit Rafael Schärf einig, ist noch ausbaufähig. „Ein Bier ohne guten Schaum lässt im Restaurant jeder zurückgehen. Schlechten Kaffee hingegen lassen wir uns gefallen, das ist eine Katastrophe.“ Für eine gute Kaffeekultur stehe Italien: Zwar habe man hier weder besseren Kaffee noch bessere Maschinen, „aber man beschäftigt sich mit dem Produkt, und zwar mit Muße und Leidenschaft.” Hierzulande wüssten Absolventen der Hotelfachschulen oft gar nicht, wie man eine Kaffeemaschine einstellt.
Eine falsche Weiterverarbeitung könne die beste Bohne ruinieren. Nachdem sehr viele Kaffeemaschinen schlecht eingestellt seien, überextrahierten sie den Kaffee oft und dies lasse ihn bitter schmecken. Aber: „Wir bauen beim Rösten einen Puffer in unsere Bohnen ein, so dass der Kaffee, selbst wenn er schlecht gebrüht wird, noch gut schmeckt”, sagt Rafael Schärf. „Das geht zum Beispiel über mehr Süße. Die übrigens auch dafür sorgt, dass der Kaffee gut zu Milch passt. 80 bis 90 Prozent des Kaffees wird heute mit Milch getrunken, etwa als Cappuccino oder Latte Macchiato.“
Da Salzburger bietet derzeit sieben Kaffeemischungen an, die nach verschiedenen Musikgenres benannt sind, von „Klassik“ über „Jazz“ bis hin zu „Indie Pop“, darunter zwei Bio-Röstungen und eine Fairtrade-Bio-Röstung. „Früher konnte man Bio-Kaffee ja gar nicht trinken”, so der Gründer von Da Salzburger. „Aber unsere Mischungen ‘Soul‘ und ‘Blues‘ schmecken nicht nur mir persönlich am besten, sie zählen zu meinen Lieblingssorten. Auch wenn die Bohnen, die hierfür verwendet werden, unansehnlich sind und vielfach eben wegen ihres Aussehens nicht verwendet werden.“
Innovative Wege geht die Kaffeewerkstatt auch bei der Verpackung: Die Bohnen werden in recyceltes Kraftpapier abgefüllt, jedes Sackerl wird per Hand gestempelt. Etiketten oder Plastik gibt es nicht. „Für die Zukunft wollen wir zur Müllvermeidung ein Pfandsystem entwickeln und den Kaffee direkt in der Kiste liefern, in der er nach der Röstung zehn Tage ruhen muss. Die Kübel fassen vier bis acht Kilo und können wiederverwendet werden. Wir liefern regional und konzentrieren uns auf Salzburg. Das ist genug. Ich muss nicht 500 Tonnen Kaffee im Jahr schaffen.“
Dass er mit so viel Idealismus kein Multimillionär werden wird, ist Rafael Schärf klar: „Ich habe in meiner Berufslaufbahn schon viel gemacht. Ich war in Afrika und wollte die Welt retten, merkte aber, dass das gar nicht so einfach ist. Später arbeitete ich als Rettungssanitäter. Mit Kaffee werde ich keine Leben retten. Aber ich kann, gemeinsam mit meinen Mitstreitern, versuchen, etwas Positives zu bewirken. Wenn man mit gutem Gewissen arbeiten kann und andere Leute auch noch cool finden, was man tut, dann ist das schon sehr viel. Und es macht Spaß, den ‘Großen‘ zu zeigen, wie man es anders machen kann.“
Rafael Schärfs wirtschaftliches Ziel ist Stabilität, nicht Wachstum. Um durchatmen zu können. Und Zeit zu haben für Ideen. Zum Beispiel eine handgefertigte Geschirrmarke für Da Salzburger, die er gemeinsam mit der Salzburger Designerin Barbara Gollackner entwirft.