Von Gröstel, australischen Grills und dem Formel-1-Zirkus
© Bodenalpe Lech

Von Gröstel, australischen Grills und dem Formel-1-Zirkus

Interview mit Philipp Jochum von der Bodenalpe Lech

Direkt an der Bundesstraße Richtung Warth, nur einen Kilometer von Lech entfernt, sticht das urige Gebäude sofort ins Auge: das Gasthaus Bodenalpe. Das über 400 Jahre alte Bauernhaus lockt hungrige Gäste mit ausgezeichneter heimischer Küche, Grillspezialitäten und einem gut sortierten Weinkeller. Egal ob im gemütlichen Inneren oder auf der sonnenverwöhnten Terrasse, Philipp Jochum und seine Familie machen jeden Besuch und jedes Event in der Bodenalpe zu einem kulinarischen Erlebnis. Im Interview mit La Loupe spricht der Lecher über das Geheimnis seiner Gröstel, die Besonderheiten von australischen Grills und seine Zeit als Caterer bei der Formel 1.

„Regionale Lebensmittel sind uns auf der Bodenalpe sehr wichtig, sie kommen daher aus Vorarlberg und Tirol.“

L.L. / Herr Jochum, Ihre Tiroler Gröstel sind bis weit über den Arlberg hinaus bekannt und beliebt. Was macht für Sie den authentischen Geschmack des Traditionsgerichts aus?

P.J. / Dort, wo ich gelernt habe, gab es einige Male eine Art Tiroler Gröstel für uns Mitarbeiter. Wir fanden dann heraus, dass auch viele Gäste diese Spezialität verlangen. Aus diesem Grund haben wir uns das Originalrezept wieder in Erinnerung gerufen und bereiten es seitdem bei uns in der Bodenalpe mit gekochtem Rindfleisch, Speck, frischen Kartoffeln und einem Spiegelei zu. Als zweites Gröstel servieren wir unser selbst kreiertes Bodenalp-Gröstel mit Pfifferlingen und Rindsfiletspitzen.

L.L. / Die Bodenalpe war ursprünglich ein altes Bauernhaus. Welche Tradition und Geschichte steht hinter dem Gebäude?

P.J. / Generell weiß man sehr wenig über die Bodenalpe. Es wird jedoch vermutet, dass es ein Fuhrmannshaus war, weil die Salzstraße ins Lechtal hier vorbeiging. Im Eingangsbereich findet man eine Durchreiche zur Küche, so wurden die Fuhrmänner damals verköstigt. Erstaunlich ist, dass die Bodenalpe kein typisches Walserhaus ist, denn sie hat ein sehr untypisches hohes Dach. Als die Bodenalpe in den Familienbesitz kam, hat man sie landwirtschaftlich genutzt. Ende der 1960er-Jahre hat ein Lecher Zimmermann dann unter Zustimmung meines Großvaters die Alpe hergerichtet und als Wirtshaus neu eröffnet. In den 1980er-Jahren baute mein Onkel Stephan Jochum die Alpe 20 Jahre lang weiter auf und seit 2007 führe ich sie nun.

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Philipp Jochum © Bodenalpe Lech
„Eines meiner prägendsten Erlebnisse war, als in Brasilien Bernie Ecclestone zu mir kam und sagte: ‚Don`t try your best, do it!'“

L.L. / Ihre Karte ist klein, aber fein. Auf welche Aspekte legen Sie bei der Auswahl der Speisen wert und woher beziehen Sie Ihre Lebensmittel?

P.J. / Regionale Lebensmittel sind uns auf der Bodenalpe sehr wichtig, daher kommt der Großteil aus Vorarlberg und Tirol. Ich arbeite außerdem mit drei heimischen Metzgern und einem Vorarlberger Gemüselieferanten zusammen.

L.L. / Die Bodenalpe ist bekannt für ihre ausgezeichneten Grillspezialitäten – oft bereiten Sie diese auch selbst zu. Den Grill haben Sie sogar extra aus Australien beschafft. Warum? Können andere Hersteller nicht mithalten?

P.J. / Ich habe lange im Formel-1-Catering gearbeitet und kam dort in Kontakt mit australischen Grills, die wirklich ausgesprochen gut waren. Als ich mich nach einem geeigneten Grill umgesehen habe, wurde ich in Europa leider nicht fündig, keiner brachte die gewünschte Leistung und Qualität. So habe ich einen Gasgrill aus Australien importiert – und das war gar nicht so leicht. Wir sind mit unserem „Turbo Elite“ aber so zufrieden, dass demnächst ein weiterer an die Bodenalpe geliefert wird. Damit zu grillen macht einfach unheimlich Spaß!

„Ich habe in meiner Zeit bei der Formel 1 viele tolle Länder und Orte bereist.“

L.L. / Sie haben lange beim Lecher Gastronom Karl-Heinz Zimmermann im Catering der Formel 1 gearbeitet. Welche Erfahrungen konnten Sie vom Formel-1-Zirkus mitnehmen?

P.J. / In der Formel 1 arbeitet man sehr eng mit vielen Nationen zusammen und muss deshalb als Caterer sehr flexibel sein. Jeder Mensch hat andere Vorlieben, genau dadurch wird man aber – vor allem die Küche betreffend – sehr kreativ und international. Man reist quer über den Globus und arbeitet mit den Produkten aus den verschiedenen Regionen – aber so, dass es möglichst vielen Nationen schmeckt. In der Formel 1 verköstigten wir bei Toyota Menschen aus über 28 Ländern in einem Motorhome, das von Rennen zu Rennen zog. Aus diesem Grund mussten wir oft improvisieren.

Eines meiner prägendsten Erlebnisse war, als in Brasilien Bernie Ecclestone zu uns in die Küche kam, während wir gerade für über 350 Menschen caterten. Er fragte: „How are you?“ Und ich antwortete: „I try to do my best.“ Woraufhin er entgegnete: „Don`t try, do it!“ Dieser Spruch hat mich sehr beeinflusst und ist so etwas wie mein Motto geworden. Heute meistern wir in der kleinen Küche in der Bodenalpe oftmals ähnliche Herausforderungen.

L.L. / Sie waren in dieser Zeit auf der ganzen Welt unterwegs. Erinnern Sie sich noch an das schönste Erlebnis?

P.J. / Ich habe in dieser Zeit viele tolle Länder und Orte bereist. Besonders in Erinnerung blieben mir die Great Ocean Road in Australien, das Speedbootfahren auf dem Sankt-Lorenz-Strom in Kanada und natürlich die Prominenz und Rennfahrer der Formel 1. Das schönste Erlebnis war aber sicherlich, als ich in Imola meine Frau Sandra kennengelernt habe.

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© Bodenalpe Lech
„Die große weite Welt ist toll, wenn man jung ist, aber irgendwann kommt die Zeit, in der man wieder sesshaft werden möchte.“

L.L. / Nun leben und arbeiten Sie wieder am Arlberg. Vermissen Sie in Lech nicht manchmal die große, weite Welt?

P.J. / Durch die zwei Saisonen haben wir den großen Vorteil, dass wir in den beiden Zwischensaisonen genug Zeit haben, ferne Länder zu bereisen. Die große weite Welt ist toll, wenn man jung ist, aber irgendwann kommt die Zeit, in der man wieder sesshaft werden möchte. In Lech habe ich mir dann gemeinsam mit meiner Familie wieder ein Fundament aufgebaut.

L.L. / Wohin zieht es Sie denn im Urlaub?

P.J. / Am liebsten fahren wir in den Süden in die Sonne. Das gefällt vor allem auch den Kleinen. Aber auch für die skandinavischen Länder habe ich ein Faible, besonders mit dem Camper kann man diese einzigartige Ruhe dort oben genießen. Island hat mir damals ganz besonders gut gefallen.

„Im Sommer schätze ich ganz besonders die Ruhe.“

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Philipp Jochum mit seiner Familie © Bodenalpe Lech
„Im Hotel Alpenland freuen wir uns auf sehr viele Stammgäste und kennen ihre Vorlieben.“

L.L. / Sie führen gemeinsam mit Ihrer Familie das Vier-Sterne-Hotels Alpenland mitten in Lech. Sind Sie eigentlich lieber Gastronom oder Hotelier? Und worin bestehen die größten Unterschiede?

P.J. / Es macht beides Spaß. Ein Hotel in der Größe vom Alpenland im Halbpensionsbetrieb ohne À-la-carte-Betrieb hat den Vorteil, dass wir stark auf die Gäste eingehen können. Wir freuen uns auf sehr viele Stammgäste und kennen ihre Vorlieben. So kann man sich gut auf den Ablauf einstellen.

Die Bodenalpe mit À-la-carte-Betrieb hingegen macht eine Planung schwieriger, denn man weiß nie genau, was und wie viel verkauft wird. Wir haben an einem Tag mit viel mehr Menschen zu tun als im Hotel Alpenland.

Ich finde beide Aufgaben sehr ergänzend, die Abwechslung tut gut. Ein Teammanager der Formel 1 sagte einmal: „Every change is a rest.“ Und diese Pause ist besonders für Körper und Geist sehr wichtig.

L.L. / Der Lecher Bergsommer steht vor der Tür. Was schätzen Sie zu dieser Jahreszeit ganz besonders am Arlberg?

P.J. / Das Angebot ist naturbezogener und vielfältiger als im Winter. Der Bergsommer ist einfach intensiver, das Tal ist weitläufiger und bunter. Im Sommer schätze ich ganz besonders die Ruhe. Gerade für Familien hat der Arlberg viel zu bieten: Vom Biken über Golfen und Schwimmen bis hin zu spannenden Wanderungen.

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© Bodenalpe Lech

Wordrap

Gastfreundschaft bedeutet ... gegenseitiger Respekt. Wenn hier das Zusammenspiel passt, ist es optimal: Der Gast sollte den Wirt genauso wertschätzen wie andersherum.

In der Formel 1 fiebere ich mit ... den Teammitgliedern im Hintergrund ... mit.

Gröstel oder Grill? Grill.

Mein Lieblingsplatz in Lech: Der kleine Wasserfall vom Stierloch.

Frische, Kreativität und der respektvolle Umgang mit den Lebensmitteln ... sind die wichtigsten Zutaten meiner Küche.

Inside story

Philipp Jochum wuchs in Lech auf und schloss seine Ausbildung an der Tourismusschule Villa Blanka in Innsbruck ab. Danach zog es ihn in die weite Welt, er arbeitete in St. Moritz, Marbella, München und Meran in der Hotellerie und Gastronomie sowie im Formel-1-Catering. Gemeinsam mit seiner Frau Sandra und seinen zwei Söhnen Jonathan und Julius nennt er heute wieder Lech am Arlberg sein Zuhause. Auf der traditionellen Bodenalpe werden nicht nur hervorragende Grillspezialitäten, Gröstel und Käsknöpfle serviert, sondern auch Feste jeglicher Art in familiärem Rahmen gefeiert. Im Hotel Alpenland genießen Gäste den Lecher Bergsommer ganz besonders intensiv.


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