Filmstar mit Kribbeln im KnieMan sieht ihn regelmäßig im Kino und TV, und das sehr gerne – nicht nur wegen seines angenehmen Äußeren: Stephan Luca (39), einer der wandlungsfähigsten deutschen Schauspieler und „Teilzeit-Naturbursch“. Im großen Interview mit La Loupe gibt er Einblick in sein Berufsverständnis, schwärmt von den Gämsen im Lecher Skigebiet und lernt, was die Vorarlberger mit „Heile!“ meinen
L.L./ Stephan, deine Filmografie zeigt, dass du dich nicht auf einen Typus festlegen lässt. Komische Figuren, Actionhelden, Womanizer und Bösewicht – du spielst alles. Irgendeine Rolle, die dich noch reizt?
S.L./ Eigentlich bin ich immer auf der Suche nach dem, was ich noch nicht gemacht habe. Für mich ist in meinem Beruf entscheidend, auf die Unterschiedlichkeit zu achten und das Risiko nicht zu scheuen. „In dem Charakter funktioniere ich, darin fühle mich wohl" – anstatt zu schnell diese Schublade zu benützen, möchte ich lieber neue Grenzen ausloten. Insofern fällt es mir schwer zu sagen: Diese eine Rolle möchte ich noch spielen. Es gibt so viele neue Herausforderungen!
L.L./ Irgendein Angebot, das du auf jeden Fall ablehnen würdest?
S.L./ Ja, es gibt Dinge, die ich einfach schon zu oft gemacht habe. Am Anfang meiner Karriere wurde ich oft wegen meines Äußeren besetzt: der Schwiegersohn von nebenan, der nette Kerl, der sportliche Typ... Das funktioniert, aber irgendwann wird es auch langweilig, nur nett auszusehen. Heute verweigere ich das und bin froh, in den letzten sechs, sieben Jahren mehr Rollen mit Charakter und Inhalt gespielt zu haben. So kenne ich es auch vom Theater, wo ich eigentlich herkomme. Da war das Risiko, das Extreme einer Rolle viel stärker, als ich es anfangs beim Film erlebte.
„Irgendwann wird es auch langweilig, nur nett auszusehen.“
L.L./ Gutes Aussehen ist bei Schauspielern ja immer so eine Sache oder?
S.L./ Ja, es ist nicht immer ein Vorteil. Noch bin ich ja ein deutscher Schauspieler, in Amerika läuft das anders. Dort gehen sie mutiger mit Äußerlichkeiten um. Jemand, der klar ein bestimmtes Genre besetzt, wird auch mal gebrochen, ein Charakter wird gerne mal anders angelegt. Ich finde es ja immer am interessantesten, wenn das Äußerliche der Figur einen Widerspruch zur Rolle darstellt. Solche Inszenierungen reizen mich, sind in Deutschland aber nicht immer gewollt oder gefördert.
L.L./ Spielst du denn lieber den Guten oder den Bösen?
S.L./ Wenn der Held etwas zu sagen hat, gerne den Helden. Ansonsten lieber den Bösewicht! Für einen Schauspieler ist das einfach das Dankbarste, was es gibt. Du darfst Sachen machen, die du in deinem Privatleben nie tun würdest – Leute umbringen, intrigant sein... Ich hatte etwa das große Vergnügen, in „Störtebeker" den Simon von Wallenrod zu spielen, also den absoluten bad guy.
„Lange Zeit überlegte ich ernsthaft, Zahnarzt für Kinder zu werden.“
L.L./ Hast du schon als Kind davon geträumt, Schauspieler zu werden?
S.L./ Es gab zunächst die Idee, Skilehrer zu werden, was ich auch gemacht habe. Dann klopfte mir mein Vater auf die Schulter und riet zu etwas „Gescheitem". Lange Zeit überlegte ich ernsthaft, Zahnarzt für Kinder zu werden, mein Abi-Schnitt hat mir aber doch eine andere Realität gewiesen. Das Schauspielen war immer eine stille Leidenschaft. Schon während der Schulzeit lernte ich in der Theater AG den faszinierenden Vorgang, Literatur sichtbar zu machen. Auch im Deutschunterricht war bei mir die Bildsprache sehr stark ausgeprägt und ich malte mir bei der Lektüre immer aus, wie die Geschichte aussieht. Das jetzt als Beruf zu tun, ist eine Riesenfreude – denn im Grunde bin ich heute ja ein Geschichtenerzähler. Zum Abitur wusste ich schließlich: Das ist das Studium, das ich verfolgen möchte.
L.L./ Und hat dich schon mal der Beruf einer Rolle so fasziniert, dass du ihn gerne in Wirklichkeit ausleben würdest?
S.L./ Naja, ich gab bereits den einen oder anderen betuchten Mann, der im Reichtum schwelgte. Es wäre natürlich schön, wenn ich aufgrund dieses Einkommens noch länger im Lech-Urlaub bleiben könnte! Aber es ist und bleibt eine Fantasie, und das ist gut so. Mich interessieren Rollenangebote ja gerade dann, wenn die Vorstellung von diesem Menschen nicht nah an meiner Realität ist.
„Privat bin ich ein extrem schlechter Lügner, aber im Beruf habe ich dafür den Schutz der Figur.“
L.L./ Übernimmt man mit der Zeit positive oder negative Charaktereigenschaften einer Figur?
S.L./ Die Psychologie ist natürlich stark, aber ich trenne strikt zwischen Schauspielerei und dem Privatmenschen Stephan Luca. Privat bin ich etwa ein extrem schlechter Lügner, aber im Beruf habe ich dafür den Schutz der Figur. Von ihr will ich mir im Grunde gar nichts abgucken, ich ziehe das Kostüm an, der Vorhang geht auf und die Figur hat ihren Auftritt. Meine Lehrerin Monika Bleibtreu hat mal so schön gesagt: „Ich kann euch zeigen, wie ihr auf die Bühne geht. Aber nicht, wie ihr wieder runterkommt!" Jeder muss also seinen Weg finden, wie er sich eine Rolle erarbeitet und wie er sie wieder verlässt. Wenn ich mal eine Eigenschaft übernehme, dann eher unbewusst: Ich spielte etwa im TV-Drama „Die Route" einen verunfallten Extremkletterer und musste tagelang mit einer Beinschiene rumlaufen. Im Hotel merkte ich dann, dass ich immer noch humpelte! Ansonsten bin ich aber relativ gut darin, die emotionale Welt des Films zu verlassen. So komisch es klingt: Die beste Verabschiedung von dramatischen Szenen ist ein blöder Witz. Eben auch als Schutz!
L.L./ Gibt es eine Kollegin oder einen Kollegen, mit denen du gerne mal zusammenarbeiten würdest?
S.L./ Sehr viele, sowohl nationale als auch internationale. Ich finde es reizvoll, mit den Besten meines Fachs zu drehen. Mit einigen hatte ich bereits das Vergnügen, Corinna Harfouch etwa, Armin Rohde oder auch Maximilian Brückner. Ich bewundere sie für ihre Leistung und ihr Werk, und wenn man dann gemeinsam vor der Kamera steht, ist das ein Erlebnis! Am Ende des Tages kochen zwar alle mit Wasser, aber manche eben auf besondere Art. Mit denen zu arbeiten, ist ein Geschenk!
„Lech ist für mich eines der schönsten und besten Skigebiete Europas.“
L.L./ Du lebst in Hamburg und urlaubst gerne in den Bergen. Was gefällt dir an diesem extremen Kontrast der Landschaften?
S.L./ Hamburg ist eine der schönsten Städte Deutschlands, das einzige Manko ist, dass sie so weit von den Bergen entfernt liegt! Ich bin ja im Süden der Republik, in Stuttgart, aufgewachsen und habe die Liebe zu den Bergen durch meinen Vater früh vorgelebt bekommen. Lech kenne ich jetzt seit über 20 Jahren und es ist mein Zuhause geworden. Am Anfang der Saison beginnen die Knie zu kribbeln und ich weiß, es geht bald wieder in die Berge. Skifahren ist meine große Leidenschaft, quasi „die zwei Bretter, die die Welt bedeuten". In meiner Jugend hieß das Rennen zu fahren, im Skiclub zu sein, als Skilehrer zu unterrichten und auch die Welt damit zu entdecken – ich war in Indien, Kanada und in den USA zum Skifahren. Aber Lech ist für mich immer noch eines der schönsten und besten Skigebiete Europas! Wenn ich heute nach Lech reinfahre und das Ortsschild sehe, fühle ich mich wie in meiner Wahlheimat Hamburg, also zu Hause. Nur die Zeiteinheit ist mir hier manchmal zu kurz, ich könnte noch viel länger bleiben.
„Skifahren ist meine große Leidenschaft, quasi ‚die zwei Bretter, die die Welt bedeuten’.“
L.L./ Apropos Skifahren in Lech: dein Highlight im Skigebiet?
S.L./ Auf die Valluga freue ich mich immer wahnsinnig! Vor dieser Landschaft überkommt mich stets auch Demut, denn im Grunde gehört der Mensch da nicht hin, hat sich nur ein Terrain erobert. Für mich ist es das Allergrößte, wenn man oben im Madloch die Gämsen sieht, vor zwei Tagen etwa beobachteten wir Steinböcke auf den Ochsenböden. Diese Naturerfahrung gemeinsam mit Freunden und einem Bergführer zu machen, ist etwas Besonderes. Lech hat für mich eine unglaubliche Magie und Kraft! Mein Jahr klingt hier aus und fängt hier an, und ich nehme aus Lech unglaublich viel Energie für die restliche Zeit mit.
L.L./ Bist du eigentlich im Skiclub Arlberg?
S.L./ Nee, noch nicht! Unser Bergführer hat mich auch schon geschimpft. Jetzt fahre ich seit 25 Jahren Ski und bin kein Mitglied, das geht überhaupt nicht!
„Wo es den besten Kaiserschmarren von Lech gibt, will ich gar nicht verraten.“
L.L./ Ja, dann wird es wirklich Zeit! Du giltst auch als Feinschmecker. Hast du schon eine österreichische Lieblingsspeise?
S.L./ Soll ich jetzt ein Geheimnis verraten oder nicht? Es gibt ein Haus in Lech, dort macht jemand einen Kaiserschmarren, der ist nicht nur gut, nicht nur sensationell, sondern atemberaubend! Ab der ersten Gabel spricht keiner mehr was, und erst mit der letzten Gabel fängt man an zu schwärmen und es gibt kein anderes Thema mehr als diesen Kaiserschmarren. Ich liebe alle Speisen, die ich in Hamburg nicht habe, und es gibt hier so unglaublich viele gute Küchen und auch Geheimtipps. Wo es den besten Kaiserschmarren von Lech gibt, will ich an dieser Stelle gar nicht verraten. Ich habe ihn gefunden und ich wünsche jedem das Glück, ihn auch zu finden!
„Am Anfang der Saison beginnen die Knie zu kribbeln und ich weiß, es geht bald wieder in die Berge.“
L.L./ Wie kann man sich einen typischen Urlaubstag von Stephan Luca in Lech vorstellen?
S.L./ Wir hatten schon früher als Skilehrer das Gesetz: „Wer feiern kann, kann auch früh aufstehen." Bei mir fängt der Tag immer so kurz nach 7 Uhr an, denn ich liebe den Morgen und das Frühstücken. So hat man schön Zeit zu gucken, wie der Tag wird. Punkt halb 10 und keine Minute später düsen wir dann mit dem Bergführer los und sind meist ohne Mittagspause bis ca. 15 Uhr unterwegs. Danach bist du auch kaputt! Wenn ich alleine fahre oder mit den Kindern, genieße ich einfach den Tag in der Natur, auf der Piste und im Gelände. Das kann für mich nicht lange genug sein! Und dann freue ich mich umso mehr, nach Lech reinzukommen. Jedes Mal, wenn ich von Oberlech über den Ziehweg herfahre, genieße ich den wunderschönen Blick runter auf den beleuchteten Ort. Es gehört auch dazu, das als Urlaubsgeschenk mitzunehmen! Dann geht's runter ins Hotel, zu guten Gesprächen mit netten Menschen, gutem Wein, kurz in die Sauna, ein bisschen was essen. Und so vergeht die Zeit ratzfatz, der Urlaub ist immer viel zu schnell vorbei.
L.L./ Wie viel Luxus darf es sein? Anders gefragt: Was bedeutet Luxus für dich?
S.L./ Der größte Luxus ist das Skifahren. Das mit Familie oder Freunden zu teilen, ist für mich das Schönste. Alles drumherum ist Nebensache – ob du dir zum Beispiel ein tolles Mittagessen gönnst oder im Flexenhäusl einen zünftigen Hüttenabend verbringst. Ich bin ja mehr für die entspannten, kleinen Dinge und brauche nicht jeden Abend das 8-Gänge-Menü. In den einfachen Dingen liegen für mich die wertvollsten Erfahrungen.
L.L./ Und wie reagierst du, wenn du gemütlich an der Hotelbar sitzt und plötzlich von weiblichen Fans entdeckt wirst?
S.L./ So häufig kommt das gar nicht vor. Und sollte mich doch einmal jemand ansprechen, freue ich mich darüber. Ob in Hamburg oder in Lech, die Leute sind meist sehr dezent und haben ein gutes Gefühl. Ich habe letztens in Hamburg einer ganz aufgeregten Dame ein Autogramm gegeben, und sie meinte am Schluss: „Ich danke Ihnen ganz herzlich. Wissen Sie, mein Enkel, für den das Autogramm ist, spielt auch Fußball, Herr Gómez!" Das kann schon mal passieren, aber ich finde die Ähnlichkeit gar nicht so groß! Wir machen jedenfalls Filme für das Publikum, und wenn die Leute einen dann als Wertschätzung dafür ansprichen, wäre es doch Quatsch, auch nur ansatzweise blöd damit umzugehen. Als Künstler bin ich ja angetreten, die Menschen in unterschiedlichster Form zu unterhalten, und damit gibt man auch einen Teil der Privatsphäre frei. Hier in Lech bin ich aber nicht Schauspieler, sondern einfach jemand, der hier groß geworden ist, der das Skifahren und Lech liebt.
L.L./ Wie schätzt du dich selbst ein: Großstadtmensch oder Naturbursche?
S.L./ Ersteres in Hamburg, Zweiteres in Lech.
L.L./ Macho oder Romantiker?
S.L./ Macho zu Hause, wenn es darum geht, heldenhaft das Wasser aus dem Keller zu schleppen und in die Küche zu stellen. Romantiker im Winter beim Holzhacken für einen gemütlichen Abend. Oder ist der Macho derjenige, der Holz hackt? Ich komm' irgendwie durcheinander ...
L.L./ Und was darf's privat sein: Fernseher, Kino oder Theater?
S.L./ Kino.
L.L./ Als Schauspieler bist du sprachlich sehr begabt. Könntest du uns zum Abschluss ein paar Sätze im lokalen Vorarlberger Dialekt sagen?
S.L./ Du liebe Güte! Ich wurde schon ganz schön gescholten für den österreichischen Dialekt in „Die Lawine". Das ist wahnsinnig schwer! Ich könnte jetzt Schwäbisch schwätzen oder im Nürnberger Dialekt, aber den Vorarlberger muss ich noch üben. Du könntest mir was vorsagen, und ich mach's nach! „Heile" – ach, das heißt „Grüß Gott"? Ich dachte immer, das wär' ein Name!