Die Magie der Natur
Wenn Aufnahmen von aufregenden Berglandschaften und schneebedeckten Hängen Sehnsüchte wecken ...
Kein anderes Genre der Fotografie schafft so viel Raum für Träume wie die Outdoorfotografie. Dabei ist es nur wenigen Menschen wie Lucas Tiefenthaler gegönnt, die Natur in ihrer vollen Ursprünglichkeit zu erleben. Der talentierte Fotograf war bereits in seiner Kindheit der Natur sehr nahe. Sie hat ihn von klein auf geprägt und ist bis heute seine stärkste Energiequelle. Mit der Kamera fängt er dramatische Bergkulissen und wilde, epische Landschaftsszenerien rund um den Globus, aber auch vor seiner eigenen Haustür – in Lech Zürs und Umgebung – ein. Es ist die spannende Melange aus Naturerlebnis, modernes Abenteuer, Kreativität und Technik, die seine Arbeit zu etwas ganz Besonderem machen. Im Interview erzählt er uns mehr darüber.
L.L. / Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
L.T. / Fotografie hat mich von klein auf fasziniert. Bereits als Kind habe ich die uralte Filmkamera meiner Eltern ausgeliehen, um selbst Schnappschüsse zu erstellen. Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht. Zudem fand ich es immer sehr spannend, die Fotos erst im entwickelten Zustand zu sehen. Doch schon bald wollte ich mehr, deshalb wechselte ich in die digitale Fotografie. Ich kaufte mir meine erste Spiegelreflexkamera und war begeistert, wie viele neue Möglichkeiten es gab. Da ich von klein auf mit Bergen aufgewachsen bin und eine sehr starke Verbindung zu ihnen spüre und praktisch mit Skiern unter den Füßen groß geworden bin, begann ich, meine Kamera mit in die Berge zu nehmen. Schnell verschmolzen zwei meiner größten Leidenschaften, Berge erkunden und das Fotografieren, zu einer.
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Daraus entstand meine Passion für die Landschaftsfotografie. Ich eignete mir immer mehr Kameraequipment an, las viele Bücher, sah mir unzählige Videos zum Thema Fotografie an und probierte so viel wie möglich draußen in den Bergen aus. Ich machte zu Beginn viele sehr ärgerliche Fehler, lernte aber schnell daraus und versuchte, mich stets zu verbessern. Die Fortschritte teilte ich auf Social Media. Mit 18 Jahren machte ich mich neben der Schule als Fotograf selbstständig. Nach dem Abschluss der Matura im Jahr 2019 beschloss ich schließlich, mich Vollzeit auf das Fotografieren zu fokussieren und die Welt zu erkunden. Ich liebe es, der Welt meine Sicht auf die Dinge zu zeigen und dabei auch meine eigenen Grenzen zu überwinden.
„Vor allem das Ablichten von Skifahrern im freien Gelände reizt mich.“
L.L. / Welche Details machen, Ihrer Meinung nach, ein gutes Foto aus?
L.T. / Ich denke, das ist immer ganz individuell und subjektiv. Oft sind es nicht die „perfekten“ Fotos, die einem in Erinnerung bleiben, sondern die, die eine Geschichte erzählen, Emotionen auslösen, den Betrachter auf eine Reise mitnehmen beziehungsweise im Allgemeinen beim Betrachter etwas auslösen. Dies geschieht etwa durch eine einzigartige Bildkomposition, Perspektive, durch eine spezielle Licht- und Schattenstimmung, durch ein einzigartiges Motiv, durch die richtigen Farben und Kontraste oder durch Schärfentiefe. Manchmal ist es eine Kombination aus allem. Manchmal ist aber auch weniger mehr. Es gibt Fotos, die sind technisch einwandfrei, aber denen fehlt das gewisse Etwas. Für mich ist es oft auch eine Gefühlssache. Es gibt meiner Meinung nach kein Richtig oder kein Falsch. Es gibt so viele verschiedene Stile und Richtungen. Was für den einen langweilig wirken kann, ist für den anderen ein Meisterwerk.
"Was für den einen langweilig wirken kann, ist für den anderen ein Meisterwerk."
L.L. / Landschaftsfotografie bedeutet, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Welche Rolle spielt dabei der Zufall beziehungsweise die genaue Vorbereitung auf ein Shooting?
L.T. / Zu Beginn meiner Fotografiekarriere plante ich nicht viel, sondern ging einfach los und fotografierte alles, was mir interessant erschien. Mittlerweile sind jedoch die Planung und Vorbereitung ein wichtiger Bestandteil meiner täglichen Arbeit geworden. Vor allem, wenn ich auf einem Gipfel übernachte, um die besten Fotos zu bekommen, starte ich früh mit der Planung und visualisiere oft das Ergebnis bereits vor dem Shooting. Ich habe meist ganz genau im Kopf, was ich festhalten und der Welt zeigen möchte. Mit gewissen Applikationen und Tools habe ich die Möglichkeit, im Vorhinein schon für meinen Spot die genaue Position der Sonne, des Mondes oder der Milchstraße herauszufinden. Aber: Planung ist schön und gut, jedoch lasse ich mich nach wie vor gerne auch vor Ort auf die Landschaft ein und fotografiere genau das, was mir ins Auge sticht. Ich weiche also hin und wieder von meinem Plan ab. Worauf ich keinen Einfluss habe, sind die äußerlichen Gegebenheiten. Ich kann noch so gut planen und verschiedene Wetterberichte abgleichen, aber manchmal macht das Wetter einen Strich durch die Rechnung.
„Die schönsten Momente sind oft nicht die, die man plant ..."
Von Schneestürmen, dickem Nebel, Gewittern oder Hagel war schon alles dabei. Die schönsten Momente sind oft nicht die, die man plant, sondern die, die sich aus der Spontaneität ergeben und einen manchmal auch sprachlos machen. Die Gegebenheiten in den Bergen können immer anders sein als geplant. Die Kunst liegt darin, dennoch das Beste herauszuholen, schnell und flexibel auf Änderungen reagieren zu können und aber auch zu erkennen, wann man abbrechen muss. Es gehört auch einfach eine Portion Glück dazu. Wer sehr viel Geduld hat, sich nicht unterkriegen lässt und es immer wieder und wieder versucht, wird früher oder später definitiv belohnt.
„Die ganze Berglandschaft ist magisch.“
L.L. / Und was macht die Landschaft rund um Lech Zürs für Sie so reizvoll?
L.T. / Lech Zürs ist ein Stück weit Heimat für mich geworden. Bereits als Kind habe ich mit meiner Familie viel Zeit in den Lecher Bergen verbracht. Es hat einen ganz besonderen Charme, wenn die kleinen Dörfer in Weiß getaucht werden und die Sonne sich blicken lässt oder Lech Zürs im Frühling mit wunderschönen Blumenwiesen aufwartet. Egal wohin ich gehe, die einzigartige und beeindruckende Landschaft von Lech Zürs zieht mich immer wieder auf magische Weise an. Hier fühle ich mich zuhause. Die letzten Jahre habe ich mich daher auf Lech und Umgebung fokussiert. Mittlerweile zieht es mich aber auch immer weiter in die Welt hinaus – und dennoch: Lech Zürs wird immer ein Teil von mir bleiben und ich werde immer wieder zurückkommen, um hier neue Fotos zu machen.
"Lech Zürs ist ein Stück weit Heimat ..."
L.L. / Gibt es für Sie ein Lieblingsmotiv in Lech Zürs?
L.T. / Es gibt unglaublich viele schöne Motive in Lech Zürs – von der Roten Wand bis zum Omeshorn oder dem Monzabonsee oder zum Sonnenuntergang auf den großen Trittkopf und gefühlt tausend weitere. Die ganze Berglandschaft ist magisch. Mich da nur auf eines festzulegen, fällt mir schwer. Was ich im Winter beispielsweise liebe, ist der Moment, wenn man früh morgens aus der Flexengalerie in Richtung Zürs fährt, in die magische Bergwelt eintaucht und die ersten Sonnenstrahlen auf den Bergspitzen sieht. Oder im Sommer, wenn man in der Nacht um zwei Uhr auf die Mohnenfluh wandert und dann frühmorgens vom Gipfel aus den Sonnenaufgang betrachtet. Solche Momente lassen mein Herz höherschlagen. Ein Berg, der mich schon immer fasziniert hat, ist die Roggspitze.
„Im Grunde fotografiere ich zu allen Jahreszeiten gerne ..."
L.L. / Zu welcher Jahreszeit fotografieren Sie am liebsten und warum?
L.T. / Im Grunde fotografiere ich zu allen Jahreszeiten gerne, weil jede Jahreszeit ihre eigenen Vorzüge hat, die es hervorzuheben gilt. Jedoch fotografiere ich am liebsten im Winter. Eine schneebedeckte Winterlandschaft mit frischem Neuschnee ist etwas Besonderes und Wunderschönes. Da kann meiner Meinung nach keine andere Jahreszeit mithalten. Der Winter hebt sich klar ab, da er die Landschaft verändert. Zudem kann ich meine Landschaftsfotos mit Freeridern kombinieren und so noch interessantere Fotos aufnehmen. Und am Abend auf einem Berggipfel im Winter zu stehen, ist zwar oft knirschend kalt, dafür umso schöner, wenn sich die ganze schneebedeckte Landschaft in ein verzauberndes Orange verwandelt. Dort zu stehen, die Landschaft fest-zuhalten und anschließend wieder mit den Skiern herunterzufahren, ist etwas Magisches.
WORDRAP
Mein schönstes Foto von/aus Lech Zürs ist ...
L.T. / Lech bei Nacht mit dem Omeshorn im Hintergrund.
Wenn ich nicht fotografiere …
L.T. / kümmere ich mich um meine Pflanzen. Mittlerweile sind es über 20 Stück. Oder ich probiere neue Aktivitäten aus, welche mich aus der Komfortzone herausholen wie etwa Fallschirmspringen, Paragleiten, allein die Welt erkunden und vieles mehr.
Selfies sind für mich …
L.T. / eine lustige Abwechslung. Vor allem Selfies mit einer Sofortbildkamera aufzunehmen, hat einen ganz besonderen Charme.
Ich würde gerne ein Foto machen von ...
L.T. / einem Wal oder Riesenmanta und eines Tages von den Gebirgszügen im Himalaya und in Patagonien.
Ich würde niemals ein Foto machen von …
L.T. / puh, kann mich einfach nicht entscheiden.
"Was für ein Gefühl!"
L.L. / Neben Landschaftsbildern finden sich in Ihrem Portfolio auch Fotos mit Skifahrern in Aktion. Was fotografieren Sie lieber: Landschaft oder Menschen?
L.T. / Beides. Alles hat bei mir mit Landschaft angefangen. Dem bin ich treu geblieben. Gleichzeitig hat auch die Neugier in mir dazu geführt, dass ich Landschaften gerne mit Menschen oder Gegenständen kombiniere und Kontraste schaffe. Vor allem das Ablichten von Skifahrern im freien Gelände reizt mich. Hier gibt es oft nur einen Versuch, den Skifahrer in einer bestimmten Location bestmöglichst einzufangen. Es lässt sich einfach unfassbar vieles sehr gut kombinieren, wenn man die eigene Arbeit aus künstlerischer Sicht betrachtet. Hierauf möchte ich mich zukünftig noch viel mehr fokussieren. Letzten Winter hatte ich ein Skifotoprojekt beim Erzberg in Zürs. Hier wollte ich die Kurve eines Skifahrers mit den Kurven der Flexenstraße während der blauen Stunde kombinieren. Ich versuchte den ganzen Winter, das Projekt umzusetzen; und doch: Es gab immer etwas, das nicht passte. Schlussendlich gab es nur einen einzigen Tag im Winter, bei dem die Bedingungen wirklich optimal waren. Es war also wichtig, dass alles zu 100 Prozent zusammenspielte – und das tat es dann auch. Was für ein Gefühl!
"Alles hat bei mir mit Landschaft angefangen."
L.L. / Das eindrucksvollste Motiv, das Sie bis dato vor der Linse hatten?
L.T. / Das war auf meiner Weltreise, als ich einen Stopp in Hawaii einlegte. Dort war ich mit Marinebiologen unterwegs und bekam die Chance, mit Haien in ihrer natürlichen Umgebung zu tauchen und sie unter Wasser zu fotografieren. Das war ein unvergesslicher Moment für mich. Noch heute zählt diese Erfahrung zu den schönsten und beeindruckendsten meiner Fotografiekarriere. Es hat mir aufgezeigt, was Haie für faszinierende Tiere sind und wie wichtig es ist, sie zu schützen.
"Ich möchte den Betrachter auf eine Reise in meine eigene kleine Welt einladen.“
L.L. / Auf was sollen die Betrachter bei Ihren Fotos achten? Was wollen Sie vermitteln?
L.T. / Ich möchte den Betrachter auf eine Reise in meine eigene kleine Welt einladen. Ihn zum Träumen animieren und aufzeigen, was uns das Leben für unglaublich schöne Momente bietet und wie atemberaubend unsere Natur sein kann. Es ist wichtig, nicht den Bezug zur ihr zu verlieren.
Begonnen hat alles mit einer uralten Filmkamera der Eltern. Ein Klick und schon entzündete sich sein brennendes Feuer für die Fotografie. Als Spezialist für Landschaftsfotografie und Actionaufnahmen und Freelancer seit 2018 kreiert Lucas Tiefenthaler heutzutage anspruchsvolle Bilder, die den Betrachter faszinieren und die besondere Stimmung der Szene einfangen.