Go for a Strolz
Interview with Ambros Strolz of Strolz Sport und Modehaus in Lech
Lech gilt als die Wiege des Skilaufs. Es ist also nicht verwunderlich, dass auch hier die Geschichte des modernen Skischuhs beginnt. 1921 eröffnete Ambros Strolz senior seine Schuhmacherwerkstatt und fertigte per Hand Skischuhe aus Leder für die Pioniere des Wintersports. Heute stellt das Unternehmen Strolz nicht nur personalisierte Exemplare in einzigartiger Qualität her, sondern heißt im Strolz Sport- und Modehaus in Lech Fashionistas genauso willkommen wie passionierte Wintersportler. Im Gespräch mit Ambros Strolz, dem Enkel des Gründers, taucht La Loupe in die fast 100-jährige Familiengeschichte ein und entdeckt die Trends der neuen Saison.
L.L. / Das Sport- und Modehaus Strolz wird seit vier Generationen erfolgreich mit großer Leidenschaft, viel Mut und Pioniergeist geführt. Können Sie sich noch an Erlebnisse mit Ihrem Namensvetter Ambros Strolz senior, dem Unternehmensgründer, erinnern? Welche Bedeutung nimmt die Familie in Ihrem Betrieb ein?
A.S. / Natürlich! Opa hat seine Werkstatt bis ganz zum Schluss betrieben. Er hat immer darauf geachtet, dass alle Reparaturen erledigt werden, nichts weggeworfen und möglichst viel aufbewahrt wird.
Meine Mutter, die jetzt fast 60 Jahre im Sporthaus in Lech tätig ist, wurde zur Institution. Die Kunden freuen sich immer, wenn sie sie sehen. Die ganze Familie arbeitet im Betrieb. Ich arbeite im Sporthaus, mein Bruder Florian in der Verwaltung, Schwägerin Silvia im Einkauf, Merlin ist auch in der Firma und Hannes fertigt die Skischuhe. Es sind also viele „Strölze“ vorhanden.
“Not everything that’s hip suits everybody.”
L.L. / 1921 eröffnete Ambros Strolz senior seine Schuhmacherwerkstatt in Lech und fertigte für die Wintersportelite in Handarbeit Skischuhe aus Leder. Auch heute noch bildet der Skischuh, der in der eigenen Manufaktur hergestellt wird, die Kernkompetenz der Familie Strolz. Was zeichnet den Strolz-Skischuh aus und welche Eigenschaften erinnern noch an früher?
A.S. / Früher wie heute wird der Großteil der Strolz-Skischuhe in Handarbeit produziert. Der Innenschuh wird in unserer Manufaktur aus Leder gefertigt, wie damals. Einziger Unterschied: Die Außenschale wird heute gespritzt. All diese Vorgänge, vom Spritzen der Außenschale über die Fertigung des Innenschuhs bis hin zur Montage erfolgt in Langen am Arlberg, ist also „Made in Austria“.
L.L. / Zu Zeiten von Ambros Strolz senior war Lech noch sehr landwirtschaftlich geprägt. Der Gründer bewies Mut und machte sich als Schuhmacher selbstständig. Damit war er der erste hauptberufliche Handwerker in Lech. Was denken Sie, wie wichtig ist Risikobereitschaft in Ihrer Branche?
A.S. / Die Skischuhe betreffend ist das, was Hannes betreibt, eine wirkliche Nische für Kenner und Spezialisten – es gibt heutzutage nur noch sehr wenige kleine Firmen, die Skischuhe selbst herstellen. Im Gegensatz dazu herrscht im Modehandel große Konkurrenz. Man kann also beide Sparten nicht miteinander vergleichen.
“Less is more, that’s the secret.”
L.L. / Ende der 1960er-Jahre wurde das Unternehmen vor eine große Herausforderung gestellt: Die Einführung der Kunststoffskischuhe besiegelte das Ende der Lederschuh-Ära. Als einziges Unternehmen im deutschsprachigen Raum schaffte Strolz die Umstellung und lancierte seinen eigenen Kunststoffschuh. Die Sport- und Modebranche verändert sich rasend schnell. Wie wichtig ist es als Händler, und in Ihrem Fall auch Hersteller, mit der Zeit zu gehen?
A.S. / Es ist natürlich eine große Herausforderung, gegenüber den großen Unternehmen bestehen zu können. Diese haben eigene Teams für die Entwicklung und können so jedes Jahr neue Modelle herausbringen. Der Vorteil von einem kleinen Unternehmen wie dem unseren ist die Tatsache, dass wir direkt mit den Kunden in Kontakt sind und so immer wieder am Produkt feilen können. Unsere Produktzyklen sind jedoch nicht so schnell wie die von großen Firmen. Das geht aus Kostengründen einfach nicht. Eine Entwicklung dauert bei uns viel länger, dafür fließen aber viele direkte Feedbacks von den Kunden in das Produkt. Wir werden sicher nicht jedes Jahr einen neuen Strolz-Schuh herausbringen. Auch bei den Farben gibt es kein unendliches Kontingent.
L.L. / Wie schafft es das Modehaus Strolz, über all die Jahre so erfolgreich zu bleiben?
A.S. / Wir haben ein sehr gutes Team, das sich um den Einkauf kümmert. Es fährt auf Messen und Veranstaltungen, schaut sich im Ausland um und achtet auf die Topgeschäfte in aller Welt. Wir haben einen ganz speziellen Mix, zugeschnitten auf die Kunden von Lech, die ebenfalls sehr speziell sind. Durch die Mischung aus Sport und Mode können wir eine Vielfalt garantieren, die es in dieser Art selten gibt. Auch bei der Hardware achten wir auf den modischen Touch, den andere Firmen, die darauf weniger Wert legen, nicht besitzen.
L.L. / Wo finden Sie Inspiration?
A.S. / Die erhalte ich auf Messen und regelmäßigen Inforeisen. Wir fahren alle zwei Jahre nach New York, Paris und Italien und entdecken dort neue Kollektionen. In der Branche gibt es gewisse Zugpferde, das sind gehypte Läden, die wir uns gerne ansehen.
“The Strolz experience is something you can’t have online.”
L.L. / Wenn modische Trendsetter den Laden betreten und sich dort für den Wintersport, aber auch für den Alltag ankleiden lassen möchten, was raten Sie ihnen?
A.S. / Dass er oder sie kein Fashionvictim wird (lacht). Nicht alles, was angesagt ist, steht auch jedem. Die Kleidung wirkt bei manchen Kunden vielleicht auch nicht unbedingt so, wie sie es sich vorstellen. Weniger ist mehr, lautet das Geheimnis. Man sollte lieber auf Qualität setzen als auf den letzten Schrei. Wenn man Geld ausgibt, sollte man auch darauf achten, dass die Kleidung mehr als eine Saison tragbar ist. Heutzutage geht der Trend eher zum Besonderen auf den zweiten Blick. Labelling ist auch nicht mehr sehr gefragt. Lech ist in dieser Hinsicht aber anders als beispielsweise St. Moritz oder Kitzbühel. Lech ist sportlicher und weniger high-fashion als andere renommierte Wintersportdestinationen.
“The award is great for the entire family and for Lech.”
L.L. / In Zeiten des Internets und großer Konkurrenz ist es erstaunlich, dass sich das Unternehmen gegen einen Onlineshop entschieden hat. Was sind die Gründe dafür?
A.S. / Online steht der Preis im Vordergrund. Der Kunde weiß, was er will und möchte dafür den günstigsten Preis zahlen. Das Erlebnis von Strolz lässt sich im Internet ganz schwer darstellen. Bei uns kauft der Kunde impulsiv, er stöbert, schaut und spricht mit den Mitarbeitern. Da stellte sich uns die Frage, wie wir dieses Gefühl im Internet umsetzen und gleichzeitig den Mehrpreis rechtfertigen können. Es ist einfach ein Unterschied, ob ich 150 Mitarbeiter damit beauftrage, den Kunden zu umgarnen oder direkt aus einem Lagerhaus verkaufe. Wir haben versucht, Strolz-Produkte online zu vermarkten, aber es war schwierig. Wir sind jetzt am Überlegen, ob wir die Teile, die im Katalog zu sehen sind, online stellen. Das ist jedoch sehr aufwändig, sei es logistisch sowie ökonomisch gesehen. Es dauert sehr lange, bis alle Artikel beschrieben und fotografiert sind. Man kann auch nicht auf allen Gebieten die Energie gleichermaßen einsetzen – und bei uns liegt der Fokus auf dem Handel. Ich nehme lieber das Potenzial, das ich im Ort habe, als auf online umzusteigen.
Ein anderes Thema ist die Internetpräsenz, die heutzutage besonders wichtig ist. Gerade sind wir dran, eine Strolz-App zu entwerfen.
“We’re all committed to this.”
L.L. / Erstklassige Qualität und bester Service – das Konzept von Strolz geht auf. 2015 wurde Ihre Familie mit dem Best of the Alps Award geehrt, der für herausragende Leistungen vergeben wird. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
A.S. / Am meisten gefreut hat es die Generation vor mir, weil damals der Unterschied stärker zu spüren war. Zu meiner Zeit waren die Fundamente von Strolz bereits vorhanden. Die Auszeichnung ist sowohl toll für uns als Familie als auch für Lech.
L.L. / Welche drei Dinge haben Sie von Ihrer Mutter gelernt und prägen Sie bis heute?
A.S. / Das Thema Herzlichkeit statt Kaufzwang ist bei uns besonders wichtig. Die Kunden sind Gäste und diese Einstellung unterscheidet unser Geschäft von manch anderen, die Atmosphäre hier ist einfach anders. Dann eine gewisse Treue zum Ort. Meine Mutter ist sehr bodenständig, ursprünglich Tirolerin und redet bis heute Tiroler Dialekt, obwohl sie seit 60 Jahren in Lech lebt. Außerdem hat sie immer sehr auf die Ordnung und Sauberkeit geschaut. Und das macht sich auch heute noch in unserem Geschäft bemerkbar.
“Good is good, but better carries it.”
L.L. / 2016 folgte eine weitere Auszeichnung: Der Strolz-Katalog erhielt für sein hochwertiges Design, entwickelt von der Agentur Davilla, den renommierten Red Dot Award. Wie gelingt es Ihnen, Ihre Ansprüche so gut auf Papier zu bringen und stetig Neues zu entwickeln?
A.S. / Wir haben der Agentur Davilla sehr strenge Vorgaben bei der Umsetzung gemacht. Jedes Jahr nach Veröffentlichung des Katalogs holen wir uns Feedback aus ganz verschiedenen Bereichen, um uns stetig zu verbessern, von der Konzeption bis hin zur Ästhetik. Er darf nicht zu traditionell und nicht zu modisch sein. Der Katalog ist ein Gemeinschaftsprojekt und die Agentur nimmt ihre Aufgabe sehr ernst. Wir kommunizieren sehr viel miteinander. Alle ziehen an einem Strang, von den Einkäufern, die die Produkte auswählen, über den Fotografen bis hin zur Grafik. Vor dem Druck sehen alle Beteiligten auch nochmal für den Feinschliff über den fertigen Katalog.
L.L. / Wie kann man sich ein Making-of des Katalogs vorstellen? Wie lange dauert die Umsetzung?
A.S. / Im Prinzip sind es elf Monate. Die erste Besprechung ist im Januar und ausgeliefert wird der Katalog im November. Das Shooting findet meistens im April statt, Models müssen gebucht und Produkte ausgewählt werden. Der Katalog ist ein richtiges Projekt, das mittlerweile im Haus betreut wird.
L.L. / Was war das schönste Kompliment eines Kunden über Ihren Katalog?
A.S. / Das schönste Kompliment für uns ist immer, wenn jemand sagt, dass er den Katalog behält, weil er so schön ist. Er wird also nicht weggeworfen, sondern kommt in die Bibliothek oder auf den Kaffeetisch.
L.L. / Herta Strolz prägte das Haus nachhaltig mit ihrem einzigartigen Gespür für Trends und Farben. Sie war es, die angesagte Luxuslabels wie Bogner und Hermès in das Geschäft holte. Dank Zug und Mietauto konnte sie sich auf Sportartikel- und Modemessen inspirieren lassen. Nach welchen Kriterien wählen Sie heutzutage die neue Kollektion aus?
A.S. / Nach dem Motto: Das Bessere ist der Feind des Guten. Es gibt viele gute Produkte, aber nur wenige sind herausragend. Das Limit ist immer der Platz und so machen nur die besten Kollektionen das Rennen. Meistens muss das Produkt ein Konzept dahinter haben, wenn uns aus einer Kollektion nur zwei Teile gefallen, schaffen sie es nicht ins Geschäft.
L.L. / Welche Trends lassen sich in der kommenden Wintersaison ausfindig machen?
A.S. / In der Skibekleidung geht es in Richtung neue Sportlichkeit und neue Materialien, zum Beispiel elastische Membrane mit hoher Wassersäule und extrem hoher Atmungsaktivität. Auch der Zwiebellook wird immer wichtiger.
In der Mode geht der Trend hin zu guten Produkten und weniger hin zur Marke. Je jünger die Kunden, desto weniger markentreu sind sie. Richtige Markenfans gibt es immer seltener. Für die Kunden muss das Preis-Leistungs-Verhältnis passen. In der Mode gibt es einen schnelleren Wechsel in Sachen Trends, weil die Branche viel größer ist.
L.L. / Wie können Modehersteller reagieren, um nicht von günstigeren Herstellern kopiert zu werden? Wie kann man das Alleinstellungsmerkmal erhalten?
A.S. / Kopieren ist natürlich in der Modebranche ein großes Thema. Wobei man den Unterschied zwischen qualitativ hochwertigen Produkten und günstigeren Modellen schon merkt. „You get what you pay for!“ Der Look sieht aus der Entfernung gut aus, aber gerade bei den Materialien und bei der Verarbeitung von Details sieht man große Unterschiede. Man kann nicht alles 1:1 kopieren.
“The new ski service reflects the atmosphere in a 5-star hotel.”
L.L. / Stetig erweitern und erneuern Sie Ihre Filialen. Letztes Jahr erstrahlte die Filiale am zentralen Rüfiplatz im neuen Glanz. Jetzt kommt der neue Skiservice. Was haben Sie verändert, wohin geht der Trend und welche Zielgruppe möchten Sie ansprechen?
A.S. / Mit dem neuen Skiservice möchten wir die Gäste von Lech ansprechen und mehr Platz, Komfort, Raum und Zeit schaffen (lacht). Platz und bessere Abläufe ist ein großes Thema, genauso wie eine inspirierende Atmosphäre. Die Strolz-typischen Materialien bestehen aus Holz, Leinen und Messing in einem zeitgenössischen Design. Der neuen Skiservice bietet dem Gast die Möglichkeit zu verweilen und spiegelt die Atmosphäre eines Fünf-Sterne-Hotels wider. Es handelt sich um 700 Quadratmeter, die großteils unterirdisch sind. Die große Herausforderung lag in den Fassaden. Wir wollten etwas Traditionelles machen, was aber mit den Anforderungen an Licht und Luftigkeit nicht vereinbar war. Wir konnten diese Idee nicht umsetzen – das sah unecht aus. Jetzt haben wir uns auf eine Formensprache geeinigt, die von der Konstruktion sehr modern ist: einen Glaskubus, der aber eine traditionelle Holzhülle bekommt. Die Fassadengestaltung war wirklich unfassbar schwierig, vieles hat auf den ersten Entwurf hin nicht gepasst. Und auch die Frage, wie man möglichst viel Licht in ein Untergeschoss bekommt, damit es nicht wie ein Keller wirkt, galt es zu beantworten.
L.L. / Die neue Skisaison startet. Mit welchen Visionen wird das Sport- und Modehaus Strolz in die Zukunft starten?
A.S. / Es wird darum gehen, das Haus immer frisch und im Zeitgeist zu erhalten und die Qualität zu verbessern. Langweilig wird es sicher nicht.
L.L. / In all den Jahren hat sich der geflügelte Begriff „strolzen gehen“ etabliert. Warum sollten Gäste, die zum ersten Mal in Lech und Zürs sind, auf jeden Fall mal „strolzen gehen“?
A.S. / Das gehört zu einem richtigen Lechgast dazu. Die Neuen dürfen das von den Stammgästen übernehmen.
Wordrap
An meiner Heimat Lech schätze ich ... dass sie so ist, wie sie ist.
Meine liebste Abfahrt am Arlberg: Aus Kindertagen der Schlegelkopf.
In Zukunft wird das Sport- und Modehaus Strolz ... seine Herzlichkeit behalten.
Herz- oder Kopfmensch? Eine Mischung aus beidem.
Ich suche aus ...120 ... Leihski für jede Abfahrt den richtigen aus.
Ein No-Go auf der Piste: Badehose und Bikini.
Aus dem Sporthaus Strolz geht niemand raus, ohne ... zumindest etwas gesehen zu haben, was er kaufen möchte.
Ambros Strolz
Ambros Strolz ist der Enkel des Unternehmensgründers Ambros Strolz senior. Er ist Gesellschafter und für die modischen Pistenkollektionen verantwortlich. Neben seiner über 80-jährigen Mutter Herta arbeiten viele weitere „Strolze“ im Familienbetrieb. Sein Cousin Hannes führt bis heute die Tradition der Strolz-Skischuh-Manufaktur weiter. Aus der einstigen Schuhmacherwerkstatt ist heute ein Unternehmen mit 150 Mitarbeitern und sieben Filialen in Lech, Zürs und Stuben geworden. 2015 wurde das Familienunternehmen Strolz mit dem Best of the Alps Award geehrt.